Immer häufiger stehen Betriebsräte vor der Herausforderung, die zunehmende psychische Belastung in der Belegschaft zu bewältigen. Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren rasant verändert: Multimedialer Technologieeinsatz, schlanke Organisationsstrukturen, kürzere Durchlaufzeiten, Team- und Projektarbeit, zielorientierte Führung, Erfolgsbeteiligung, Kundenfokus und flexible Arbeitsmodelle prägen den Alltag. Diese Entwicklungen bringen neue, anspruchsvolle Anforderungen mit sich, die die tägliche Arbeit maßgeblich beeinflussen.
Seminar: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
Wenn es um die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz geht, wird zwischen zwei Begriffen unterschieden. Die Europäische Norm EN ISO 10075-1, welche die „Ergonomischen Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ beschreibt, liefert die Definitionen hierzu:
Die genauen Hintergründe von psychischen Belastungen können vielfältig sein. Mögliche Auslöser sind:
Darüber hinaus werden Zeitvorgaben enger, Qualitätsanforderungen steigen, Leistung wird auch im Büro gemessen und die Verantwortung wächst. Für einige wird die Arbeit gleichförmiger, für andere nimmt die Komplexität enorm zu. Teams fordern neue psycho-soziale Kompetenzen zum Beispiel im Bereich der Psychohygiene. Die auf den Menschen bei der Arbeit einwirkenden Belastungen verschieben sich von den körperlichen hin zu vorrangig psychischen Anforderungen. In der Arbeitswissenschaft wird häufiger von psychischen Belastungen gesprochen und dabei der Blick auf die Gesamtheit von Verhältnissen und Verhalten am Arbeitsplatz gerichtet. Mediziner*innen oder Psycholog*innen beschäftigen sich mehr mit Stress. Die Prozesse im Menschen stehen dabei im Mittelpunkt. Psychische Vorgänge im Menschen sind all diejenigen, die mit Wahrnehmen, Denken, Erinnern, Erleben, Empfinden und Verhalten zu tun haben.
Ein erfüllender Arbeitsplatz erfordert Zufriedenheit, Motivation und Interesse an der Tätigkeit sowie eine Bindung an das Unternehmen. Diese Faktoren bilden die Grundlage für qualifizierte Arbeit und nachhaltiges Engagement. Doch wenn das Wohlbefinden der Mitarbeitenden beeinträchtigt ist, hat dies oft schwerwiegende Konsequenzen: Leistungsfähigkeit und Kreativität sinken, die Produktivität lässt nach, und die Qualität der Arbeit leidet. Häufig steigen auch die Fehlzeiten, was das Betriebsklima weiter verschlechtert. Im schlimmsten Fall kann es sogar zu einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund von psychischer Belastung kommen.
In belastenden Arbeitsumfeldern können zudem gravierende Probleme wie Mobbing und Burn-out auftreten. Unternehmen, die erst reagieren, wenn solche Probleme akut sind, sehen sich meist bereits mit erheblichen und vermeidbaren „Kosten“ konfrontiert – von finanziellen Belastungen durch Krankheitsausfälle bis hin zu einem geschwächten Ruf und einer verminderten Wettbewerbsfähigkeit. Langfristig können präventive Maßnahmen, die das Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern, helfen, diese Risiken zu minimieren und ein positives, produktives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Der Betriebsrat spielt eine zentrale Rolle dabei, psychische Belastungen bei Arbeitnehmenden frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Ein wichtiger erster Schritt ist, auf subtile Anzeichen zu achten: Häufige Krankmeldungen, sinkende Arbeitsleistung, vermehrte Fehler und eine deutliche Veränderung im Verhalten, wie etwa Rückzug oder Gereiztheit, können Hinweise auf Überlastung sein. Regelmäßige Gespräche mit den Mitarbeiter*innen ermöglichen es, Stimmungsbilder zu erfassen und Sorgen frühzeitig anzusprechen.
Zusätzlich ist die Durchführung regelmäßiger Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen ein wertvolles Instrument. Dabei wird untersucht, welche Arbeitsbedingungen möglicherweise zur Belastung beitragen. Auch das Schaffen einer offenen Kultur, in der Mitarbeitende über ihre Belastungen sprechen können, ist entscheidend. Schulungen und Workshops für Führungskräfte können helfen, Sensibilität für das Thema zu entwickeln und Veränderungen im Team rechtzeitig wahrzunehmen.
Durch diese präventiven Maßnahmen und eine enge Begleitung schafft der Betriebsrat eine vertrauensvolle Umgebung, in der Anzeichen für psychische Belastungen frühzeitig erkannt und gemeinsam mit den Mitarbeitenden gezielt angegangen werden können.
Die Zunahme psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. So ergab im Jahr 2023 die Befragung des statistischen Bundesamtes, dass 18% der Bevölkerung durch psychische Probleme beeinträchtigt sind: 4% stark und 14% mittel. Frauen berichten häufiger über mittlere oder hohe psychische Belastungen als Männer (21% gegenüber 14%).
Die Analyse der psychischen Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz ist der erste Schritt zur Vermeidung oder Verringerung von Gefährdungspotenzialen. Betriebsräte müssen die Bedeutung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz kennen und die Entwicklung der psychischen Belastung am Arbeitsplatz beobachten. Wenn Beschäftigte Probleme sehen und für sich ein hohes Maß psychischer Belastungen feststellen, sollten sie sich an ihre Vorgesetzten oder den Betriebsrat wenden.
Verantwortlich für einen ausreichenden Gesundheitsschutz ist der Unternehmer oder Arbeitgeber. Betriebsärzt*innen und Sicherheitsfachkräfte sind Berater*innen für Betriebsräte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen. In großen Betrieben sollten Arbeitspsycholog*innen und Personalentwickler*innen tätig sein, um psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Um die psychische Belastung am Arbeitsplatz zu mindern, kann der Betriebsrat verschiedene Maßnahmen ergreifen. Ein zentraler Ansatz ist die Einführung der bereits benannten regelmäßigen Gespräche zur Gefährdungsbeurteilung, bei denen die psychische Gesundheit im Fokus steht. Hierbei werden Belastungsfaktoren identifiziert und dokumentiert, um gezielte Maßnahmen einzuleiten.
Zudem kann der Betriebsrat auf Schulungen und Workshops drängen, die Mitarbeitenden Strategien zur Stressbewältigung und zum Aufbau von Resilienz vermitteln. Ebenso wichtig ist die Etablierung von klaren Arbeitszeitregelungen, die Überstunden reduzieren und Erholungsphasen gewährleisten.
Flexible Arbeitsmodelle, wie Homeoffice oder Gleitzeit, können ebenfalls zur Entlastung beitragen, da sie den Mitarbeitenden mehr Autonomie über ihre Arbeitszeiten ermöglichen. Schließlich kann der Betriebsrat Feedbackrunden initiieren, die in regelmäßigen Abständen stattfinden und bei denen die Mitarbeitenden offen über ihre Belastungen sprechen können. Mit diesen Maßnahmen kann der Betriebsrat einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Wohlbefindens und zur Prävention psychischer Überlastung leisten.
Als Betriebsratsmitglied zählt es mit zu Ihren Aufgaben, psychische Belastungen am Arbeitsplatz rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Damit Sie diese Aufgabe auch gewissenhaft durchführen können, ist es umso wichtiger, stets auf dem neuesten Informationsstand darüber zu sein, wie Sie richtig mit psychischen Belastungen umgehen können.
Poko bietet Ihnen hierfür das passende Seminar zum Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz I. In dieser Schulung informieren Sie unsere Expert*innen darüber, wie Sie psychische Belastungen und deren Auswirkungen am Arbeitsplatz rechtzeitig erkennen und aktiv betroffene Kolleg*innen unterstützen können.
Ganz gleich ob virtuell als Betriebsrat-Webinar, an einem unserer schönen Seminarorte oder als praktische Inhouse-Schulung bei Ihnen im Betrieb – bei Poko finden Sie eine Vielzahl an informativen Seminaren für den Betriebsrat, mit denen Sie stets auf dem neuesten Stand rund um die Betriebsratsarbeit sind.