Nichtbeteiligung der JAV

BAG Erfurt, Urteil vom 06.05.1975 - 1 ABR 135/73

Beschließt der Betriebsrat entsprechend dem Antrag der Jugendvertretung, den Jugendvertreter zur Teilnahme an einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG 1972 von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen, dann wird die Rechtswirksamkeit des Beschlusses nicht dadurch in Frage gestellt, dass die oder der Jugendvertreter an diesem Freistellungsbeschluss nicht gemäß § 67 Abs. 2 BetrVG 1972 mitgewirkt haben. Rechtsunwirksam könnte ein solcher Beschluss allenfalls dann sein, wenn der Jugendvertreter durch seine Stimme die Beschlußfassung hätte beeinflussen können.

BAG VOM 06.05.1975 - 1 ABR 135/73

Wissenswertes für die JAV

Der Fall:

Der Kläger absolvierte bei der Beklagten ab dem 1. August 2010 eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Am 20. Juni 2011 zählte er das sich in den Nachttresor-Kassetten einer Filiale befindliche Geld. Später wurde ein Kassenfehlbestand von 500,00 Euro festgestellt. Nach Darstellung der Beklagten nannte der Kläger in einem Personalgespräch von sich aus die Höhe dieses Fehlbetrags, obwohl er nur auf eine unbezifferte Kassendifferenz angesprochen worden war. Die Beklagte hat das Berufsausbildungsverhältnis wegen des durch die Offenbarung von Täterwissen begründeten Verdachts der Entwendung des Fehlbetrags gekündigt. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Ein Berufsausbildungsverhältnis könne nicht durch eine Verdachtskündigung beendet werden. Auch fehle es unter anderem an seiner ordnungsgemäßen Anhörung. Ihm sei vor dem fraglichen Gespräch nicht mitgeteilt worden, dass er mit einer Kassendifferenz konfrontiert werden solle. Auf die Möglichkeit der Einschaltung einer Vertrauensperson sei er nicht hingewiesen worden. Zudem habe die Beklagte Pflichten aus dem Bundesdatenschutzgesetz verletzt.

Die Lösung:

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Die Verdachtskündigung hat das Ausbildungsverhältnis wirksam beendet.

  • Die Möglichkeit, eine Verdachtskündigung auszusprechen, besteht auch im Ausbildungsverhältnis.
     
  • Erforderlich ist ein dringender Tatverdacht, bezogen auf eine schwere Vertragsverletzung, die im Fall des Nachweises eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Der Vorwurf der Unterschlagung von Geld kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
     
  • Außerdem muss der Ausbilder den Sachverhalt soweit als möglich aufklären und dem Auszubildenden die Möglichkeit geben, den Verdacht zu entkräften bzw. auszuräumen. Dazu bedarf es einer Anhörung des betroffenen Auszubildenden. Vor der Anhörung bedarf es weder einer vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises bzgl. der möglichen Kontaktierung einer Vertrauensperson. Auch Datenschutzrecht stand der Beweiserhebung und -verwertung nicht entgegen.